Dienstag, 6. November 2007

34. Tag

Nach den Lügen von gestern, endlich mal die Wahrheit. Nachdem ich nun eine Woche in meiner neuen Bleibe bin, hat der Ex-Mann meiner Mitbewohnerin beschlossen sich mit mir zu unterhalten. Oder besser: Er hat beschlossen, dass ein kleiner Vortrag seinerseits der erste Schritt in Richtung unserer Annäherung sein soll.
Bisher war er eher zurückhaltend, grüßte sporadisch zurück und nutze meist Mittelsmänner zur Kommunikation. Ich hab ihm das nicht weiter übel genommen. Ich habe mir gedacht, er will sein Herz nicht all zu sehr an mich hängen – schließlich zieht er am Dienstag aus.
Dementsprechend war ich von diesem Aufmerksamkeitserweis überrascht. In zweifacher Weise. Einerseits davon, dass er tatsächlich mit mir spricht. (Dass er sprechen kann, hab ich so nach und nach mitbekommen.)
Anderseits vom Inhalt.
Er hat mir in einem ca. zweiminütigem Monolog erklärt, dass in der kommenden Guy Fawkes Night nicht die Vereitelung eines Putschversuches gefeiert wird. Im Grunde ist dieses Fest ein Fest gegen Katholiken. Die Feuerwerkskörper, die hier abgebrannt werden, haben klingende Namen wie „Christian Candles“ oder „St. Katherine’s Wheels“, zu Ehren altertümlicher Foltermethoden.
Während des Vortrags habe ich mich gefragt: Weiß er, dass ich Theologie studiert habe? Und wenn ja – was anzunehmen ist – was wäre eine angemessene Antwort? Die andere Backe einschlagen?
Das Parlament ein die Luft sprengen, diesmal erfolgreich? Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah ist?
Ich sagte: „Andrew, do you know what it feels like coming home to a small, empty flat? You’re gonna find out on tuesday, I guess.”

(Zumindest eine kleine Lüge am Schluss.)

33. Tag

Wir sind heute ins Rotlichtviertel gelangt. Durch puren Zufall, Ehrenwort. Ich wollte unbedingt in einen Stripclub. Nicht von vornherein. Aber als wir dann da waren, konnte ich mich für diese Idee mehr und mehr begeistern. Schließlich bin ich hier, um was zu erleben. Was auch immer.
Meine Begleiter, allesamt weiblich, waren für derlei Projekte wenig aufgeschlossen. Murmelten etwas von Instrumentalisierung von Frauen, Degradierung von Frauen zu Lustobjekten und so Zeug.
Da ich mit Wörtern mit mehr als drei Silben eher wenig anfangen kann, konnte ich dem nicht viel entgegensetzen. Außer: „Busen, Busen, Busen – ich will Busen!“
Meine Begleitung völlig perplex – weniger wegen dieses Knock – Out - Arguments, sondern mehr, weil dies der längste zusammenhängende Satz war, den sie von mir gehört hatten – gab nach und wir hatten alle eine Mords Gaudi. Und ich hab an einem Abend meinen ganzen Wochenlohn ausgegeben.

32. Tag

Nie mehr Busfahren. Oder nur mehr ein bisschen.
Ich hab jetzt endlich ein U-Bahn Ticket, das alle für mich notwendigen Zonen abdeckt, und muss nicht mehr mit fünf verschiedenen Buslinien durch die halbe Stadt gondeln.
Meine Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln reduziert sich hiermit auf 60 Minuten pro Tag, also einmal Hall-Innsbruck und zurück.
Ich denk lieber nicht daran, dass ich damals auch nach Innsbruck gezogen bin, um diesen verfluchten 30 Minuten im 4er zu entgehen.
Freiheit für…
na ja, für alle Menschen halt.
Freiheit von-
Wenn man es nur geschickt einteilen könnte, könnte man es vielleicht schaffen, dass alle Menschen ganz nah an dem Ort wohnen, wo sie hinmüssen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass jemand da arbeitet, wo ich wohne, und da wohnt, wo meine Schule ist.
Nur wissen wir beide nichts voneinander. Und wenn wir uns dann treffen, müssen wir erfahren, dass unsere Landlords/-ladies Todfeinde sind. Ein Outlaw im Londoner Meldeamt könnte heimlich unseren Umzug bewerkstelligen (zumindest auf dem Papier) und wir können beide zumindest einmal eine Nacht im Traumhaus probeliegen. Des Morgens werden wir von sanftem Lerchengesang geweckt und ich jugendlicher Hitzkopf zünde das Auto meines Wunschlandlords an, – und muss fliehen. Nach Brighten z.B.
Mein Traumwonhungstauschbuddy täuscht seinen/ihren Tod vor, um...
das kommt mir irgendwie bekannt vor.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

80. Tag
Ryan Adams hat ein wunderbares Lied. How much light. Da...
philosophil - 16. Aug, 16:11
71. Tag
Der Blog wird aufgeräumt. Gekehrt und geschnäuzt. Gekämmt...
philosophil - 24. Jul, 09:02
58. Tag
Ja zu meinen Grenzen sagen. Alles eine Frage der Perspektive. 57....
philosophil - 11. Jul, 10:52
54. Tag
Ich werde gecoacht. Hätte ich gewusst, wie gut das...
philosophil - 10. Jul, 09:27
46. Tag
Schade, dass Arbeit nicht einfach liegen bleibt. Sondern...
philosophil - 29. Jun, 10:41

Suche

 

Status

Online seit 6556 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 16. Aug, 16:12

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren