Sonntag, 14. Oktober 2007

13. Tag

Wir sind eine eigenartige Wohngemeinschaft. 3 ganz unterschiedliche Typen. Ich glaube, wir würden nicht viel Zeit miteinander verbringen, wenn wir es nicht müssten. Das klingt jetzt schlimmer, als es ist. Ich wollte sagen, dass wir uns nicht angefreundet hätten, wenn wir nicht im selben Zimmer gewohnt hätten. Aber so sind wir im „down by law“ style ein bisschen zu Freunden geworden. Und das ist ganz nett.

Das Katholiken Zentrum ist wirklich gut. Es ist ganz praktisch, wenn man mit vielen Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind, unter einem Dach lebt. Es gibt immer jemanden, der etwas unternehmen will. Das ist gut.
Daher macht mir das Ausziehen ein wenig Sorgen. Aber das wird schon. Jetzt bin ich noch zwei Wochen da. Rock on.

Am Abend war ich zum ersten Mal aus. Zuerst Rugby Halbfinale England vs. Frankreich. Die Stimmung im Pub war ruhiger als ich sie mir gewünscht habe. Keine Verletzten, nichts.
Anschließend sind wir in ein anderes Pub/Club gegangen und ich mir ist etwas passiert, was mir noch nie passiert ist. Ich hab eine dralle Blondine angesprochen, sie hat gelächelt, meine Hand genommen und an ihren Schritt gehalten. Dort habe ich etwas gefühlt, das eigentlich nicht dort hätte sein sollen.

Nein stimmt nicht. Aber es hat Spaß gemacht mir eure Gesichter vorzustellen, wenn ihr diesen Satz lest. Hehe.

Nein. Ich war in dem Club und hab zwei Stunden lang nur gute Musik gehört. Die ich gekannt habe. Musikalisch gesehen bin ich ein Kind der 90er. Und mir ist der Unterschied zwischen Weltstadt und Weltstadt aufgefallen.

P.S.: ich bin von einem Zimmer in ein anderes übersiedelt. Einen Eindruck gibt’s hier. Und hier.

10. Tag

Ich habe heute zum ersten Mal näher mit einer meiner „Mitschülerinnen“ gesprochen. Ich hab den Fehler gemacht, ihr zu sagen, dass ich Theologie studiert habe. Das war eigentlich noch nicht der Fehler. Sie hat mich gefragt, wie ich so zu Glauben, Gott und Kirche stehe und ich hab halt ein wenig erzählt. Mein Gottesbild in zwei Minuten. Das war auch noch nicht das Problem – obwohl es problematisch sein könnte.
Der Fehler war, dass ich mich – weniger aus Interesse, sondern mehr aus Höflichkeit – erkundigt habe, wie sie zu dem Zeug steht. Und sie hat halt erzählt. Wie ihre Mutter zu einer australischen Heiligen gebetet hat, woraufhin ihr Gehirntumor auf wundersame Weise verschwunden ist. Wie sie in der Folge in ein Kloster in Indien gegangen ist, wo Heilungen stattfinden: Lahme können wieder gehen, Schwule werden kuriert… und was es da noch so alles gibt.
Und mir ist aufgefallen, dass es in dem Verein, zu dem ich eigentlich schon gern gehören würde (denn als guter Österreicher ist man in mindestens zwei Vereinen) eine Menge Leute sind, die ich nicht so mag. Ich weiß, ein Mensch ist nicht seine Einstellungen. Aber vielleicht doch.
„Well, you know, they say: God is love. And God is more than love.“ Prinzipiell ein Gedanke, mit dem ich etwas anfangen kann. Aber wenn sie das mit ihrem australischem Enthusiasmus sagt und einer Stimme, die an einen Glasschneider erinnert (leider ist sie keine Manu Prodinger), dann fällt mir dazu nur ein: „Stephen-Fry’s-the-art-of-the-so-fucking-obvious-that-it-makes-your-nose-bleed“.
[Philipp singt:] Sind wir nicht alle Katholen? Nein, das sind wir nicht.

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Hatte schon ein wenig den Eindruck, dass London ein Dorf ist bzw. aus vielen kleinen Dörfern besteht. Aber ich war heute in Camden und musste diesen Eindruck revidieren.

11. Tag

Ich hab mir heute eine Wohnung angeschaut. Besser gesagt ein Zimmer. 60 Pfund in der Woche ist ja prinzipiell nicht schlecht. Bis man das Zimmer sieht. Es war halb so groß wie mein altes und auch halb so hoch. Also insgesamt ein Viertel von meinem alten Zimmer. Das Haus am Ende der Welt. Und auch so am Ende.
Ich beneide alle Menschen, die eine Wohnung und einen Job haben. Ich freu mich darauf, wenn ich eine Wohnung hab und einen Job. Ein geregeltes Leben also.
Ad Job. Ich hab was in Aussicht.

12. Tag

Ich fühl mich in der Schule immer wohler. Ich riskier mehr bei den Improvisationen. Nicht viel mehr, aber immerhin ein bisschen. Heute hab ich sogar ein kleines Lob bekommen. Dafür dass ich vom Stuhl aufgestanden bin. Nein, dafür, wie ich vom Stuhl aufgestanden bin.
Ich lern hier ganz eigenartige Sachen. Sie sind gut und sinnvoll, aber wenn man sie aufschreiben will, dann fühlt man sich ein bisschen wie ein… ich weiß nicht wie. Eigenartig.
Ich versuche nochmals zu beschreiben, was ich hier lerne. Ich lerne meinen Körper zu spielen wie ein Instrument. Jeder Teil ist ein Ton. Oder besser, jeder Teil ist eine Vielzahl von Tönen. Schließlich kann ich jeden Teil in ziemlich viele Richtungen bewegen.
Das lerne ich. Man könnte sagen, ich übe Tonleitern. Ich baue mein Instrument und übe Tonleitern.
Das ist ziemlich harte Arbeit. Besonders für jemanden, der die Konzentrationsspanne eines Goldfisches hat. Und die Geduld einer Hauskatze. In einem Körper.

9. Tag

Starte jetzt mit der Wohnungssuche durch. Die Leute von der Schule sind extrem hilfreich, zwei erkundigen sich bei ihren Freunden. Der Rest unterstützt mich anderweitig. Ich war heute zwei Stunden im Netz, um selbst zu recherchieren. Es gibt ein riesiges Angebot, auch in meiner Preisklasse.
Aber ich fürchte mich ein wenig davor, dass ich irgendwo in einem billigen Zimmer am Arsch der Welt sitze und von London genau gar nichts mitbekomme.
Aber dann denke ich daran, was meine Mutter tun würde. Und ich setz mich hin und stell mir das perfekte Zimmer vor, das ich haben möchte und bekommen werde.
Ob es was hilft, wird sich zeigen.
Ich bin ein großer Freund von diesem Blog Zeug. Obwohl die Beiträge nicht in der Reihenfolge kommen, die ich gern hätte. Bloody Technology.
Ich bitte um Verzeihung für die Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler. (Dies ist eine reine Formsache. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Fehler kümmern mich einen Scheiß. Zumindest hier.)

Die Schule ist sehr anspruchsvoll. Aber ich habe mir vorgenommen, sie durchzuziehen. Ich weiß, dass es wirklich harte Arbeit bedeutet. Darauf deutet einiges hin. Mein Mörder Muskelkater beispielsweise.
Im Moment (d.h. während der letzten Monate) habe ich das starke Bedürfnis mich auf eine Sache zu konzentrieren, um die wirklich gut zu machen. Ich versuche, die Zweifel zumindest über Nacht im nahe gelegenen Park abzustellen.

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